Wir haben heute den 20. Juni 2018. Am Frühstückstisch im Fourside Plaza Hotel google ich nach Friseuren mit guten Bewertungen und Online-Terminbuchung in Trier. Da kommt nicht viel. Also heißt es: alle abtelefonieren. Nach ca. 5 Läden gebe ich auf. Entweder machen sie erst zu total hippen Uhrzeiten auf, oder sie haben eh keine Termine mehr frei. „Dann eben lange Haare!“ Entnervt packe ich meinen Kram zusammen und trete in die Pedale. Heute geht es in den Hunsrück – nur ca. 50 Kilometer, aber 890 Höhenmeter bergauf! Ziel ist der Bostalsee.
Schon kurz nach Trier, am herrlichen Ruwer-Hochwald-Radweg, komme ich im Örtchen Kasel an einem Friseurgeschäft vorbei. Das muss ein Zeichen sein! Und tatsächlich, man erbarmt sich hier meines langen Haares. Während ich geschoren werde, erzähle ich, welche Strecke schon hinter mir liegt. Die Frau am anderen Ende der Schere kommt aus dem Staunen nicht wieder heraus. Wahrscheinlich denkt sie auch einfach, ich sei verrückt. Immerhin lässt sie sich auf ein gemeinsames Friseur-Selfie ein.
Der Hunsrück ist auch so eine Gegend – oft gehört, nie gesehen, aber unglaublich schön, wie ich heute feststelle. Über wunderbare Radwege und bei bestem Sommerwetter erklimme ich Höhenmeter um Höhenmeter. Über Hochebenen, vorbei an Windrädern, mal wieder über eine Autobahn hinweg komme ich nach nicht allzu langer Zeit an meinem Tagesziel an: das Victor’s Seehotel Weingärtner ist mein Hotel für die Nacht.
Für die Victor’s Residenz-Hotels arbeiten wir schon einige Jahre. Ich werde hier auch gleich empfangen von den beiden Damen, mit denen wir am meisten zusammenarbeiten. Sie sind extra aus Saarbrücken gekommen, um mich hier zu begrüßen. Nach Kaffee und Kuchen auf der Sonnenterrasse geht’s einmal durchs Haus und in mein Zimmer. „Wie Urlaub bei den Großeltern“ denke ich. Dieses Hotel ist so wunderbar anachronistisch. Kein moderner Schnickschnack. Kein aufgesetztes Designkonzept. Eher der Charme der wilden 70er Jahre. Beim Abendessen kommt Herr Weingärtner zu uns an den Tisch und erzählt Unglaubliches aus der Vergangenheit dieses Hotels. Damals gaben sich hier die Stars die Klinke in die Hand, denn das Haus war sozusagen der „Place to be“. Im Keller gab’s eine Bar samt Disco mit einem gläsernen Boden, unter dem Haie in einem beleuchteten Becken schwammen! Haie! Im Hunsrück! Herr Weingärtners Augen leuchten, als er aus diesen Zeiten erzählt. Ihm macht hier keiner was vor. Wir sitzen noch eine Weile, ich werde mal wieder so herzlich kulinarisch verwöhnt, wie man es sich kaum vorstellen kann. Diesmal mit Wiener Schnitzel, reichlich flankiert von saarländischen Begleitgängen. Auf meinem Weg ins Hotelzimmer sehe ich im Fahrstuhl die Taste K mit der Beschriftung „Hotelbar Santa Maria“ – hier schwammen sie sicher damals, die Haie!
Kurz bevor mir die Augen zufallen, wird mir klar, dass es ab morgen nach Hause geht – ich habe heute das Saarland und damit den westlichsten Punkt meiner Tour erreicht. Ab morgen trete ich den Heimweg an. Zumindest, was die Himmelsrichtung angeht. Es sind immerhin noch neun Tage mit so manchem Highlight, die da noch auf mich warten. Die Victor’s Hotels spenden unglaublich großzügige 300 Euro! Das bedeutet, ich habe mein selbst gesetztes Spendenziel von 5.000 Euro schon übertroffen und stehe im Moment bei 5.115,55 Euro. Ich könnte den Rest der Tour jetzt Urlaub machen. Eigentlich.