Es muss irgendwann im Sommer 2017 gewesen sein, als mir die Idee kam, eine Auszeit auf dem Rad zu nehmen. Mit Ideen ist das ja so eine Sache. Seit über 20 Jahren bin ich jetzt schon beruflicher Ideen-Entwickler. Erst in der klassischen Werbung, dann irgendwann mit voller Hingabe im Tourismus. Ist die Idee gut? Ist sie tragfähig? Lässt sie sich weiter ausbauen? Funktioniert und erfreut sie länger als drei Tage? Viel zu oft hat so eine Idee nur eine viel zu kurze Lebenszeit, denn sie wird schnell als untauglich aussortiert. Oder ich scheitere daran, die Idee auch erfolgreich umzusetzen.
Diesmal war es anders. Je länger ich darüber nachdachte, desto runder wurde die Idee. Wie bei einem Puzzle fügte sich ein Teilchen zum anderen, bis am Ende scheinbar alles passte:
Die Tour sollte genau einen Monat dauern. Kürzer sollte sie nicht sein, mehr Abwesenheit wollte ich hingegen weder meiner Familie noch meinen Mitarbeitern in der Agentur zumuten. Meine Frau Beatrix hatte mich schon in dem Moment, in dem ich ihr das erste Mal davon erzählte, darin bekräftigt, diese Idee umzusetzen und mir diese Zeit zu gönnen. Ohne diese Motivation hätte ich die Tour vermutlich nicht durchgezogen.
Ende August traf ich Matthias, einen langjährigen Kunden, mit dem ich mich im Laufe der Zeit angefreundet hatte. Er war an diesem Tag nicht nach Dresden geflogen, um über seine beiden Essener Hotels zu sprechen, sondern über seine zweite Leidenschaft: Loonyball – etwas skurrile Kappen, die wie Fußbälle aussehen. Dazu passend sollte es zukünftig auch Federmappen und Tablet-Hüllen geben. Eigentlich wollten wir an diesem Tag vor allem über deren Vermarktung sprechen. Tatsächlich haben wir über alles Mögliche gesprochen. Zum Beispiel über meine Idee, diese Auszeit zu nehmen und sie einem guten Zweck zu widmen. Er selbst war in ähnlicher Mission unterwegs: er hatte schon einige Aktionen zugunsten der DKMS initiiert – aus eigenem Anlass. Seit Jahren war er von Leukämie betroffen. Seit Jahren ging es ab- und aufwärts mit ihm. Seit Jahren bewunderte ich ihn für seinen Lebensmut, seine unbändige Kraft und sein positives Denken. Er erzählte mir, dass er gerade mit einem Freund überlegte, einen Roadtrip durch Kalifornien zu Gunsten der DKMS zu machen. Und: er ermunterte mich maßgeblich, diese Tour durchzuziehen, und natürlich war er als Erster dabei mit seinem Hotel. Ehrensache!
Einige Monate vor der Tour starte ich mit den Vorbereitungen, unterstützt von meinem heldenhaften Team. Ich will die Tour mit einem E-Bike fahren, denn alles andere erscheint mir bei meinem Trainingszustand wahnsinnig. Der E-Bike-Pionier Haibike ist sofort dabei und stellt das Rad für die Tour zur Verfügung. Irgendwann steht tatsächlich ein riesiger Karton im Büro, das „Unboxing“ wird neugierig beäugt vom ganzen Team.
Auch das Spendenziel war schnell klar: es sollte idealerweise etwas mit dem Thema Urlaub zu tun haben, es sollte Kindern zugute kommen, die vielleicht nicht so oft die Gelegenheit haben, auf Reisen zu gehen, und es sollte etwas tun für Integration. Mit der Kindervereinigung Dresden e.V. fanden wir genau den richtigen Partner. Der Verein organisiert regelmäßig Urlaubsfahrten für Kinder und arbeitet hierfür auch mit dem Ausländerrat Dresden zusammen. Die Idee war geboren: mit meiner Firma spende ich einen Euro pro gefahrenen Kilometer. Die Hotels auf der Strecke verdoppeln meine Spende in Höhe der Anreisekilometer der jeweiligen Tagesetappe. Das Ziel sind 5.000 Euro, von denen der Verein ein Abenteuer-Herbstcamp im Ferienquartier „Haus Grillensee“ bei Leipzig finanzieren kann. Kinder Dresdner Familien sollten gemeinsam mit Flüchtlingskindern einfach mal eine coole Woche verbringen können.
Langwieriger gestaltet sich die Hotel-Planung. Unsere Kunden-Hotels waren natürlich schnell von der Partie, aber zwischen diesen Hotels musste die Tour geplant, Hotels gefunden und überzeugt werden. Besonders hartnäckig zeigten sich ausgerechnet die Hotels in der Fahrradstadt Münster. Mein Kollege Erik war aber hartnäckiger, und so stand die Tour dann tatsächlich! Meine Idee, in der Zeit ganz Deutschland zu durchradeln, ging zwar nicht ganz auf, aber immerhin 13 Bundesländer standen auf dem Plan!
Wenn eine Hotel-Internetagentur eine solche Tour plant, muss natürlich auch eine interaktive Karte her, die meinen aktuellen Standort und meine zurückgelegte Tour ohne mein Zutun anzeigt. Dank der Unterstützung unserer Freunde vom Telematikdienstleister YellowFox konnten wir das über einen GPS-Tracker erledigen, der irgendwo ganz unten in den Packtaschen steckte und stoisch jede Minute meine Position durchgab, sodass wir sie einfach auf einer Karte auf der Tour-Website einbinden konnten.
Am 27.05.2018, dem letzten Abend vor der Tour, stand eine Einladung zum Auffüllen der Kohlenhydratspeicher im Restaurant des Dresdner Hotels Bülow Palais auf dem Plan. Neben einem vorzüglichen Abendessen gab’s hier auch gleich die erste Spende in Höhe von 50 Euro – an der Stelle nochmal vielen Dank!